„Ich habe keine Ahnung, wie wir das geschafft haben“, rang Ducks-Infielder Moritz Scheicher nach der Pokalübergabe mit den Worten. Der Nationalspieler (5 Strike Outs) hatte als Closer das meisterschaftsentscheidende Out hautnah miterlebt. „Es war eine ganz besondere Teamleistung, wir haben Rückstände von sieben und zehn Runs aufgeholt. Wie, kann ich mir ehrlich gesagt nicht erklären. Das Team ist ins Laufen gekommen, der Funke ist übergesprungen und wir haben gezeigt, was in uns steckt. Es ist wunderschön“, so Scheicher.
Zu Beginn eines langen und höchst dramatischen Baseball-Nachmittags standen die Vorzeichen für einen neuerlichen Triumph des Teams aus der „Baseball City“ in der Tat mehr als ungünstig. Schließlich waren es die Metrostars, die nach zuletzt zwei Siegen auf eigener Anlage in Wien-Freudenau mit einer 2:1-Führung in den letzten Spieltag der best-of-five-Final-Serie in Wiener Neustadt gingen.
Spätes Offensiv-Spektakel bringt Entscheidungsspiel
Und im vierten Spiel sah es auch lange danach aus, als hätten die Ducks trotz eines phrenetischen Heim-Publikums im Rücken keine Pfeiler mehr im Köcher. Die Rekordmeister aus Wien erwischten einen Auftakt nach Maß und führten Mitte des sechsten Innings scheinbar vorentscheidend mit 11:1. Nathan Weatherly eröffnete den Scoring-Reigen mit einem Solo-Home-Run im zweiten Inning. Der Import-Catcher steuerte mit einem Two-RBI-Single später sogar zwei weitere Runs bei. Ebenfalls zwei Runs gingen auf das Konto von Richard Alzinger, je einen verbuchten Claus Seiser und Mo Hackl.
Pitcher Dustin Hamilton (6 Strike Outs) und die Defense der Wiener hatten bis zu diesem Zeitpunkt alles im Griff – und mehr als eine Hand am Pokal. Erst als die Ducks nach zwei Runs im sechsten Inning auf 3:11 verkürzten und Hamilton den Ball abgeben musste, hatten die Ducks Lunte gerochen. Nach dem „Stretch“ läuteten die Gastgeber dann die große Aufholjagd ein.
Just zu diesem Zeitpunkt begannen bei den Metrostars die Nerven zu flattern. Die Rekordmeister leisteten sich bei klarer Führung einige Fehler und ließen die Ducks wieder herankommen. Unter kräftiger Mithilfe der gegnerischen Defense zündete der US-Amerikaner Melvin Perdue – bei seinem letzten Auftritt im Ducks-Jersey – mit seinem Run zum 4:11 das Offensiv-Feuerwerk, das die Neustädter zurück in die Final-Serie bringen sollte. Nicht weniger als sieben Runs scorten die Neustädter, die bis auf 10:11 an die in Führung liegenden Wiener heranrückten, alleine in diesem Inning.
Für die Metrostars, deren Offensive in der Schlussphase gegen die Pitcher Vitus Gneist und Julian Faulhaber, noch dazu komplett zum Erliegen kam, wurde es dann richtig bitter. Im achten Inning verbuchten die Heimischen drei Runs und gingen damit kurz vor Schluss erstmals in Führung – 13:11. Die Metrostars hatten nicht mehr entgegenzusetzen, die Serie ging nach dem 2:2-Ausgleich somit in ein fünftes Spiel.
Metrostars können Führungen nicht nutzen
Das Momentum des Comeback-Wins nahmen die Ducks zunächst scheinbar nicht ins Entscheidungsspiel mit. Während die Ducks gegen Starter Omar Duenas im ersten Inning ohne Run blieben, schrieben die Metrostars gegen Werfer Faulhaber schon in den ersten beiden Innings sieben Mal an. Die Hackl-Brüder Mo (1) und Sammy (2) sorgen dabei für drei der sieben Runs ihres Teams.
Mit dem 0:7-Rückstand auf dem Scoreboard zündeten die Ducks dann wieder den „Turbo“. Mit acht Runs im zweiten Inning stellten die Neustädter den Spielstand im Handumdrehen auf den Kopf. Highlight war ein Three-Run-Home-Run von Scheicher zum 8:7.
Im dritten Inning bauten Scheicher & Co. die Führung dann weiter aus. Max Tracey, der später zum Playoff-MVP gewählt werden sollte, erhöhte mit einem Two-RBI-Double auf 10:7. Daran, dass auch die Metrostars gute Hitter haben, erinnerte wenig später Mo Hackl mit einem Solo-Home-Run zum 8:10.
Nach zwei scoreless Innings drehten die Ducks dann im sechsten Spielabschnitt noch einmal auf. Diesmal gelangen vier Runs, größtenteils einmal mehr durch Fehler der Metrostars. Mit einem 14:8 auf dem Scoreboard ging es in die letzten drei Innings. Erstmals in dieser Final-Serie hatte Wiener Neustadt die Zügel in der Hand. Und die amtierenden Meister ließen sich die Butter auch nicht mehr vom Brot nehmen, ließen lediglich noch einen Run der Metrostars zu und jubelten schlussendlich über einen 14:9-Erfolg und den 3:2-Triumph in der best-of-five-Serie.
„Eiskalte“ Ducks tun es Softball-Kolleginnen gleich
Leidtragende eines nicht mehr für möglich gehaltenen, sensationellen Comebacks sind die Vienna Metrostars. Die Wiener, die sich zum dritten Mal in den vergangenen vier Jahren mit Silber begnügen müssen, trauern den vergebenen Chancen nach und warten weiter auf Titel Nummer 16.
„Es war eine spannende Serie, beide Teams hatten gute Spiele. Wir haben den Sack nicht zugemacht, das tut schon weh“, sagte Metrostars-Infielder Jakob Simonsen, der sich als fairer Verlierer gab. „Gratulation an die Ducks, sie waren eiskalt. Wir waren auf Augenhöhe, aber am Ende hat es leider nicht gereicht.“
Die Fans der Wiener Neustädter erlebten an einem ebenso hochklassigen wie verrückten Baseball-Softball-Wochenende hingegen ihren zweiten Höhepunkt. Schon am Samstag hatten die Softballerinnen über Staatsmeisterschafts-Gold gejubelt und Geschichte geschrieben. Es war der erste Softball-Titel in der 32-jährigen Vereinsgeschichte – und er war nicht weniger dramatisch als jener der Herren. Angeführt von MVP Louise McGarry besiegten die Crazy Chicklets in einer Finalauflage die Vienna Metrostars im best-of-three mit 2:1. Dabei hatten McGarry und Co. – wie auch schon im Semifinale gegen die Dornbirn Indians – mit 0:1 zurückgelegen.